Sie ist unauffällig, aber nicht zu unterschätzen. Hondas V-Twin bietet alles, was man zum Alltag auf zwei Rädern braucht. Wir prüften, ob die bewährte Kardanmaschine auch mit 34 PS für den nötigen Fahrspaß taugt.

Man kann es kaum noch hören: Alles wird teuerer - und erst recht das Motorradfahren. Da ist es schön, daß es noch "vernünftige" Motorräder für unter 10.000 Mark gibt, wie die Honda NTV 650.

Aber nicht nur die zu entrichtende Kaufsumme spricht für die Honda. Gutes Haindling, niedriger Spritverbrauch (im Test zwischen 4,1 und 6,2 l/100 km) und hohe Allround-Qualitäten machen Sie zum interessanten Angebot in der 34-PS-Klasse.

Doch zunächst die Gretchenfrage: Wie fäehrt sich die immerhin 214 kg schwere Maschine, wenn "nur" 34 Pferde die Kurbelwelle beflügeln? Antwort: erstaunlich ausgeglichen. In den unteren Gängen wirkt das Triebwerk agil und dreht willig hoch. Auch der Punch aus den Drehzahlkeller überzeugt - in den unteren Gängen. Die größte Übersetzungsstufe des Fünfganggetriebes ist dem um 40 Prozent seiner Leistung beraubten Motor dann aber doch zuviel: Der Durchzug von 50 auf 120 km/h ist mit 15,6 (solo) und 21,8 sec (mit Sozius) bescheiden.

Auch in der Höchstgeschwindigkeit stellt die NTV keine Rekorde auf, muß sich aber mit gemessenen 147/138 km/h nicht verstecken. Da die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h auch keinen Spitzenwert darstellt (9,5 / 12,3 sec), könnte man denken, der Honda-Triebling wäre schwachbrüstig. Im Fahrbetrieb überzeugt er dennoch mit einem eneorm breiten nutzbaren Drehzahlbereich: Zwischen 2.500 und 8.000 U/min schickt der Motor verwertbare Leistung an den Kardan.

Im Autobahnbetrieb schlägt sich die NTV recht wacker, das Überholen von Lkws oder Kleinwagen gelingt zumeist. Beim Wechsel auf die Landstraße kann der Motor wieder mit seiner hohen Elastizität glänzen, im vierten Gang läßt sich so ziemlich alles bewältigen.

Auf gut ausgebauten Strecken hat das Fahrwerk keine Probleme. Stabilität und Geradeauslauf der Honda sind erwartungsgemäß gut, auch die Bremsen zeigen sich nicht voll gefordert. Die Federelemente verwöhnen Fahrer und Sozius mit hohem Schluckvermögen. Überhaupt thront der Beifahrer recht kommod auf seinem Paltz, nur das Sitzmöbel ist zu weich - nach stundenlager Fahrt schmerzt das Hinterteil.

Bei forcierter Gangart auf engen, kurvigen Abschnitten stößt das Fahrwerk dann an Grenzen: Die Honda-Techniker haben - auf der Suche nach Komfort - die Gabel viel zu lasch gedämpft.

Trotz dieser Schwäche bei der Kurvenhatz strahlt die NTV 650 ein hohes Maß an Perfektion aus. Im Stadt- und Kurzstreckenverkehr beweist die Honda Handlichkeit und Alltagstauglichkeit: Die Maschine ist leicht zu dirigieren, die Abmessungen kommen auch kleingewachsenen Fahrern entgegen. Das Kaltstratverhalten ist ohne Tadel. Instrumente, Hebel und Schalter sind praktisch und funktionell. Ein Wermutstropfen sind die zu kurzen Spiegel, sie zeigen in erster Linie die Ellenbogen des Fahrers. Dafür macht die Verarbeitung einen hervorragenden Eindruck.

Abzüge bringt die ungünstige Sitzposition des Fahrers: Vor allem großgewachsene Piloten müssen die Beine ungemütlich falten, um die weit vorn liegenden Rasten zu erreichen.

Die NTV 650 ist ein unspektakuläres Motorrad. Sie glänzt mit keinerlei Superlativen, aber dafür bietet sie von allem etwas. Der kühle Rechner erhält ein zuverlässiges Multifunktions-Bike - zu einem äßerst günstigen Preis.

Technische Daten: Honda NTV 650 (25 kW die Drosselung erfolgt mittels "Unterlegscheiben" die in den Lufteinlass am Vergaser gelegt werden)